Wo geht´s lang? Auf den Hamburger IT-Strategietagen 2014 stellten CIOs ihre Strategien mit Fokus auf Innovationen und der Frage nach mehr oder weniger Zentralisierung vor.
Alle Industrie-Riesen, deren CIOs auf den IT-Strategietagen in Hamburg vortrugen, haben mit gewachsenen Systemen zu tun. Alle kämpfen mit den Herausforderungen der Globalisierung und den Anforderungen der unterschiedlichsten Businessmodelle an die IT.
Was sie daraus machen, ist sehr abhängig vom Stand der Dinge: die meisten vereinheitlichen ihre Systeme und lassen auf den zentralen Services spezialisierte Dienste zu. Das verspricht enorme Kostenersparnisse und bessere Pflegbarkeit.
Andere wiederum, die bereits zentrale Dienste haben, sind dabei, diese aufzusplitten, um noch besser auf die jeweiligen Bedingungen ihrer Geschäftsbereiche eingehen zu können. Sie nehmen den daraus resultierenden Kostenanstieg billigend für optimierte und eventuell den Wettbewerb entscheidende Verbesserungen in Kauf.
Alle werden sie in Atem gehalten vor der galoppierenden technischen Entwicklung und den daraus erwachsenden Möglichkeiten. Die Konkurrenz schläft nicht. Man muss effizienter oder innovativer sein als die Mitbewerber.
Deshalb, und weil die neuen Riesen die Digitalgiganten der New-Economy sind, dürfen sich einige CIOs auch Chief Transformation Officer nennen, wie z.B. Christoph Möltgen von der Otto Group oder Chief Innovation Officer, wie Björn Goerke von SAP.
Innovationen, die das Business vorantreiben, werden also durchaus auch von den IT-Abteilungen gefordert. Das fängt an bei dem vorhersehbaren Abgleich der Notwendigkeiten mit den Gegebenheiten der Zukunft, mit denen die Netzt AG, der Betreiber des Schienennetzes der Deutschen Bahn, und die Hamburger Port Authority zu kämpfen haben, nämlich ein deutlich höheres Verkehrsaufkommen trotz territorialer Beschränktheit zu bewältigen. Hier müssen alle technischen Möglichkeiten zur effizienteren Nutzung der bestehenden Ressourcen ausgeschöpft werden.
Unilever nutzt seine zentralisierte und einheitliche IT-Struktur, um neue Vertriebswege, angepasst an die lokalen Gegebenheiten, schnell ausprobieren zu können. In Afrika führt das Bezahlen mit dem Handy, in China der Vertrieb mittels mobiler Anwendungen speziell für Küchenchefs und in Indien der dörfliche Handel mittels einfachster Tablett-Apps zu beträchtlichen Umsatzsteigerungen.
Otto dezentralisiert seine IT, um wieder punktgenau verbessern zu können. Der Otto Group gehören stationäre Ketten wie Sport Scheck, Versandhäuser mit Filialen wie Manufaktum oder reiner Versandhandel wie Otto. Während ein reiner Textilvertrieb möglichst schon am selben Tag liefern können sollte, steht ein Händler für Waren mit Zusatzdienstleistungen wie zum Beispiel Einbau und Anschluss einer Waschmaschine vor anderen Herausforderungen. Hier ist also die Schaffung von Handlungsspielräumen für die IT Voraussetzung für Innovationen, auf die man gespannt sein darf.
Kleinere produzierende Firmen haben mit Innovationen ihre liebe Not. Sie müssen Neues schaffen, um sich auf dem Markt halten zu können, haben aber nur minimale Spielräume. Das Tagesgeschäft hält sie in Atem, sie haben mit Plagiaten und Raub von geistigem Eigentum zu kämpfen, was zur weiteren Abschottung anstatt zu einem für Innovationen notwendigen Klima der Offenheit führt, wie ein Vertreter der Haas-Unternehmensgruppe, Bernd Kuntze, eindrücklich darlegte.
T-Systems* stellte ein offenes und Branchen-übergreifendes System vor, das der Speisung einer Innovations-Cloud dient. Zunächst werden dort Trends beobachtet und bewertet.
Die beteiligten Unternehmen speisen das System mit gemeinsamen Herausforderungen wie zum Beispiel „Internet of Things“ sowie konkrete Themen wie „Kill the Password“. Alle teilnehmenden Firmen können sich dann am Crowdfunding für die Entwicklung tragfähiger Ideen beteiligen. Wenn sich eine Idee zum Business-case entwickelt hat, kann sie entweder von einer der beteiligten Firmen, einem Spin-off oder aber einem gut ausgestatteten Incubator, dessen Start-ups sehr schnell zu Ergebnissen kommen, ohne die Abläufe in den großen Konzernen zu stören, realisiert werden.
Aus dieser Innovations-Cloud entstand in Zusammenarbeit mit Airbus ein via Handy trackbarer Koffer. Ein wundervolles Ding, was wahrscheinlich alle haben wollen, denen schon einmal der Koffer auf einem Flug verloren gegangen ist!
Ästhetische Wahrnehmung
Während das fachkundige Publikum der Hamburger IT-Strategietage weitgehendst einheitlich schweigsam und in dunklen Anzügen den Vorträgen lauschte, wurden die unterschiedlichen Kulturen auf der Bühne offenbar.
Da beeindruckte Markus Frantz von der OMC Group, die Öl und Gas in Ländern wie Rumänien und dem Jemen fördert, durch total zentrale Strukturen, deren Herausforderung weniger das Einspeisen neuer Akquisitionen als die Auslösung ganzer Landesgeschäfte sind. Da ging es um Geschäftsbereiche wie um Spielhäuschen beim Monopoly. Lediglich beim Thema Sicherheit kam der Menschen in den Fokus.
In eine ganz andere Welt, nämlich die des Anlagenbaus und Industrie-Projektgeschäfts, nahm einen der CIO der ThyssenKrupp Industrial Solutions, Dr. Olaf Röper, mit.
Der aufrichtige Mann des Stahls versprühte Feuer und Flamme für ThyssenKrupps Hightechaufzüge und innovative Nockenwellen. Vor das Problem der Zusammenlegung getrennter, bisher autonomer IT-Abteilungen gestellt, spürte man sowohl sein tiefgreifendes Verständnis für die unterschiedlichen Geschäftsbereiche und das Mitgefühl für die einzelnen CIOs, die alle bisher einen guten Job gemacht hatten, aber nun ihre Eigenständigkeit verlieren.
In der Welt der Logistik wurde man mit ungeheuren Zahlen beeindruckt, hinter denen Schienen aus Stahl standen.
Den Airbus zu bauen scheint kein Sonntagsspaziergang zu sein, und Audis können schon alleine einparken. Aber damit sie das können, ist Hirnspeck gefragt und jede Menge Nullen und Einsen.
Klar ist, IT follows business. Zumindest in der Old Economy.
Das wird sich auch so schnell nicht ändern.
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Vielen Dank für die Fotos an foto vogt und faktor 3!
* Torsten Günzel über das “ICT Open Innovation Ecosystems”
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Ihre Elisabeth Göhring, e.goehring(at)unternehmenskultur-magazin.de