Alexander Grosse von Soundcloud meint es ernst mit der Agilität*.
Wozu einen Chef im Team? Selbstorganisation heißt die Devise. Individuen zählen mehr als vorgeschriebene Prozesse! Und das wiederum bedeutet, dass das Team selbst über seine Regeln entscheidet; auch darüber, ob es einen Team-Chef haben will oder nicht. – Das funktioniert bei Soundcloud in Einvernehmen mit dem Management – den Chefs.
Ein paar Dinge aus dem guten alten Werkzeugkasten des agilen Software-Entwicklungsregelwerkes „Scrum“ gibt es allerdings, die auch Alexander Grosse für sinnvoll hält: den „Productowner“,„Visualisierung“ und „Retrospektiven“.
In jedem Team gibt es also auch bei Soundcloud einen „Productowner“, der die Schnittstelle zu allen Stakeholdern bildet, und der alles dafür tut, dass das Ergebnis am Ende optimal den Erwartungen entspricht.
Wenn man bei Software-Entwicklung von „Visualisierung“ spricht, meint man damit, dass die Aufgaben nach gewissen Regeln definiert aufgeschrieben werden und für jeden im Team sichtbar jederzeit einem aktuellen Status zugeordnet sind. Dadurch kann man komplexere Aufgaben besser gemeinsam lösen: Alle arbeiten an ihren Teilaufgaben, ohne den Blick für den Gesamtstand zu verlieren.
Hinter dem Begriff „Retrospektive“ steht ein regelmäßig abgehaltenes Treffen der Teammitglieder, die gute alte „Rückschau“. Es dient der Schaffung von Transparenz, dem Geben und Erhalten von Feedback und der Selbstorganisation.
Die ebenfalls im Regelwerk vorgesehenen jeweils nach einer Leistungseinheit geplanten Reviews, die ich jetzt einfach mal mit „Rückblicke“ übersetze, drehen sich hauptsächlich um technische oder organisatorische Details. Auf diese verzichtet man bei Soundcloud zugunsten von Standort-übergreifenden, alle zwei Wochen stattfindenden “Demos”: Jedes Team zeigt den anderen, an was es arbeitet.
Normalerweise wird nach Scrum-Regeln der Stand der aktuellen Arbeiten jeden Morgen in den so genannten „Stand-Up Meetings“ kurz besprochen. (Auf Deutsch hieße das Steh-Treff, was zugegeben ziemlich unsexy klingt.) Alexander Grosse findet, dass jedes Team selbst entscheiden soll, ob es diese Treffen für sinnvoll hält, oder ob sie von den Team-Mitgliedern eher behindernd empfunden werden.
Jedes Team trägt die volle Verantwortung für seine Ergebnisse. Dafür stellt es sich interdisziplinär auf. Alle Aspekte der Software können somit teamintern bearbeitet werden. Möglichst wenig Schnittstellen vermindern Reibungsverluste und Fehlerquellen.
Das ist auch das Credo einiger anderer Verantwortlicher, die ihre Organisationskonzepte auf der Developer Conference 2013 in Hamburg vorstellten. – Man kann gespannt darauf sein, ob in den nächsten Jahren bald wieder Querschnittsfunktionen als Novum entdeckt werden. Ganz abwegig war der Ansatz, Synergien zu nutzen, ja nicht.
Bei Soundcloud und anderen Unternehmen wie zum Beispiel dem Spielehersteller Wooga oder dem StartUp Antevorte geht man nach dem Grundsatz vor „You build it – you run it“ und schreckt nicht davor zurück, bei Fehlern auch nachts zur Verantwortung zu rufen. Eine enorm effektive Qualität steigernde Maßnahme, die allerdings nur bei vollständig verantwortlichen Teams funktioniert; denn bei partizipierten Aufgabenbereichen begänne zunächst die Suche nach den Verantwortlichen. So kann man ganz einfach sagen: IHR habt das Ding gebaut. IHR garantiert für die Funktion.