Leider ist Erfolg nicht durch einen 10-Punkte-Plan zu bekommen. Wäre er das, dann hätten ihn schon alle.
Oder?
Gerd Gigerenzer, Direktor am Berliner Max-Planck-Institut und Professor für Psychologie, hebt in seinem Buch „Bauchentscheidungen“ (Goldmann 2008) den Wert der Intuition hervor. Auch wenn man die Vergangenheit begriffen hat, ließe sich eine Prognose kaum abgeben. „Die Zukunft vorherzusagen ist für Laien, Experten und Politiker gleichermaßen schwierig“*, belegt er.
Wir alle kennen das vom Wetterdienst: des öfteren müssen wir die Erfahrung machen, dass die Prognosen nicht eintreffen. Das tut dem Glauben an die Wetterfrösche aber keinen Abbruch.
Genauso verhält es sich mit dem Vertrauen in die Wissenschaft.
Der jüngste Skandal um die fehlerhafte Studie von Reinhart und Rogoff belegt das einmal mehr.
Die beiden Wissenschaftler hatten mit mangelhaften Fakten „bewiesen“, dass Wirtschaftswachstum drastisch sinkt, wenn die öffentliche Verschuldung 90% des Bruttoinlandprodukts überschreitet.
Man berief sich auf diese Studie, um den strikten Sparkurs zu begründen. Jetzt verweisen wiederum Andere auf die Fehler in der Studie, um zu belegen, dass man die Staaten tot spart.
Auf was kann man sich verlassen, wenn nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse?
Wozu ist denn die Wissenschaft da, wenn nicht dazu, Fakten zu gewinnen, die optimale Entscheidungen ermöglichen?
Alfred Kieser, Soziologe und Betriebswirtschaftler, findet eine originelle Antwort: Wissenschaft irritiere konstruktiv.
Das bedeutet für ihn: das wissenschaftliche Arbeiten bildet Fähigkeiten heraus, die zu besseren Problemlösungen führen. Das Studium wissenschaftlicher Arbeiten gäbe kreativen Stoff für originelle Alternativenbildung.**
Wenn man schon nicht die Zukunft berechnen kann, so kann man wenigstens mit den Unwägbarkeiten wissenschaftlich gebildet besser leben und entscheiden.
Fazit: Lassen Sie sich von Fakten inspirieren und nicht knechten.
Im Folgenden werden „etwas andere“ Methoden zur Unternehmenskultur-Analyse vorgestellt. Denn, wenn Sie schon intuitiv entscheiden, wie die Hirnforschung behauptet, und was auch laut Gigerenzer ausgesprochen funktionabel ist, dann sollten Sie ihrer Intuition etwas mehr Aufmerksamkeit schenken. Gerade im Change-Prozess findet man überall emotionale Barrieren. Kennt man sie, und gibt man ihnen Zeit und Raum, kann man sie nach und nach abbauen.
Kreative Methoden der Unternehmenskultur-Analyse:
1. Zeichnen Sie Ihr Unternehmen.
Jedes Unternehmen kann man wie ein Wesen darstellen.
- Entwerfen Sie ein Bild von Ihrem Unternehmen. Stellen sie es als lebendiges Wesen dar.
- In welcher Umwelt hält es sich auf? Was befindet sich da noch in seiner Umgebung?
- Sie sind ein Teil eines Organs. Welche Position und Funktion haben Sie innerhalb des Wesens?
- Mit welchen Organen des Wesens und der Umwelt korrespondieren Sie oder Ihr Organ? Wie korrespondieren Sie?
Zeichnen Sie alleine oder in der Gruppe. Für diejenigen, die nicht gerne zeichnen, sollte es die Möglichkeit geben, Kollagen zu erstellen.
Lassen Sie sich Zeit. – Wahrscheinlich wird es Probleme mit dem Platz geben, wenn Sie das Innere Ihres „Unternehmen-Wesens“ zeichnen wollen. Sollten sich gerade hier spannende Gespräche ergeben, können Sie auch neu ansetzen. An Papier mangelt es nicht.
Das Gespräch über die Ergebnisse und der Prozess des Zeichnens wird viele Stärken bewusst machen, Möglichkeiten offenbaren und Probleme ans Licht bringen.
Die Übung kann wiederholt eingesetzt werden.
2. Meditation zur Unternehmensgeschichte
Stellen Sie sich Ihre Firma in den Anfängen vor. Als sie sozusagen noch in den Windeln lag. Wurde sie in einer Garage geboren, oder war es eher die Entbindungsstation eines Luxuskrankenhauses für Privatpatienten?
Stellen Sie sich Ihre Firma vor, als sie die ersten Schritte machte. Vielleicht klappte es nicht immer so auf Anhieb, und es gab den einen oder anderen blauen Fleck? Erinnert sich noch jemand daran?
Stellen Sie sich vor, wie die Eltern der Firma über sie geredet haben. Da ging es sicher nicht nur darum, die Altersvorsorge geregelt zu haben. Es spielte der Wunsch, etwas zu vererben eine Rolle. Etwas weiterzugeben und etwas wachsen zu lassen. Was war das bloß? Und ist das für Sie noch relevant?
Stellen Sie sich die Schulzeit Ihrer Firma vor. Die harte Lehre des Marktes tat seine Wirkung. Investoren glaubten an das Talent.
Das Wachstum Ihrer Firma war immer ein organisches. Es kamen Menschen und Technologien dazu und fügten sich in das Vorhandene ein. Andere wiederum prägten die Gestalt und das Verhalten.
Wo ordnen Sie sich selbst ein?
Sind Sie Teil der Sinne, Nerven, des Stoffwechsels oder des Bewegungsapparates? Sind Sie Gehirn, Hand oder Fuß, Lunge, Leber, Herz?
Wenn Sie ihre Firma mit einem Wesen vergleichen würden. Wie sähe das Wesen aus und wie verhielte es sich in seiner Umwelt?
Wie sehen die Wesen aus, mit denen es interagiert?
Sind sie stolz und glücklich bei dem Bild von sich im Ganzen?
Ist das Ganze gut?
Bei dieser Übung muss nicht gesprochen werden.
Hinterher kann man über seine inneren Bilder sprechen. Die Übung muss nicht in der Gruppe stattfinden, sie kann individuell genutzt werden.
Wird die Übung innerhalb eines Change-Prozesses eingesetzt, können Perspektiven und Stolpersteine intuitiv erkannt werden.
*S. 91
**vergleiche: Annette Kehnel HG. „Erfolg und Werte“, Frankfurter Allgemeine Buch ,2012, S. 147-146